IDENTITÄTSFINDUNG

(arbeitstitel)

Projektbeschreibung

Der Ausgangspunkt

Es ist ein sehr persönliches, vielleicht sogar das persönlichste Projekt, das ich mache bzw. je machen werde. Die Frage nach der eigenen Identität, der eigenen Zugehörigkeit, ist etwas Intimes und schwerer fassbar, als es auf den ersten Blick erscheinen mag. Wieso soll man sich überhaupt damit beschäftigen, wenn man, wie ich, mit sich selbst weitgehend zufrieden ist, sich zu den Glücklichen rechnet und ein wenig stolz ist auf das bisher Erreichte, aber auch auf den Mut, mit knapp 40 noch einmal einen komplett neuen Weg zu beschreiten? Weil die Grundmaxime der antiken Philosophie "Erkenne dich selbst" nie an Aktualität verliert und weil es ein tief in mir verankertes Bedürfnis ist.

Der Blick in die Vergangenheit

Der unvermeidliche Blick in die Vergangenheit, der bis an die eigenen Wurzeln reicht, kann teilweise schmerzhaft sein - aber auch lohnend und bereichernd. Er kann helfen, mit dem, was man verschleppt und zugeschüttet hat, abzuschließen und befreit in die Zukunft zu blicken.

 

Die erste Hälfte meines Lebens verbrachte ich in Polen, meinem Geburtsland. Gleich nach dem Abitur wanderte ich nach Deutschland aus, wo ich meine zweite Sozialisation durchlief. Bei einem Klassentreffen in Polen vor etwa 2 Jahren wurde mir so richtig bewusst, dass es das Polen, das ich kannte, nicht mehr gibt. Es ist nicht mehr das Land, das ich mit einem Koffer, 200 DM und einem offenen Busticket nach Hause verlassen habe, und es ist nicht mehr die Heimat, die ich so vermisste. Mein Elternhaus ist mittlerweile eine Mitleid erregende Ruine, die seit dem Tod meines Vaters leer steht. Es wurde schon mehrmals geplündert und der Anblick ist nur noch deprimierend. Es ist kein Zuhause mehr, es ist ein Lost Place ohne einen Hauch von Romantik. Auch meine Schulkameraden und einstigen Freunde sind erwachsen geworden. Sie haben sich verändert, sind größtenteils verheiratet, haben Kinder, Jobs und eigene Sorgen. Ihren jugendlichen Idealismus haben die meisten inzwischen abgelegt. Manche sind schon tot, andere wanderten, wie auch ich, in andere Länder aus und haben zumeist wenig Bezug zu unserer Heimatstadt, die damals unsere ganze Welt war. Wir sprechen alle dieselbe Sprache, aber ob wir uns immer noch wirklich hören und verstehen? 

 

Auf der anderen Seite war ich in Deutschland immer die Ausländerin, die Polin. Ich wurde nicht nur so von den anderen wahrgenommen, sondern sah mich auch selbst so, immer zwischen dem eigenen Stolz und den selbst eingeredeten oder insinuierten Minderwertigkeitskomplexen hin- und hergerissen. 2018 wurde mir die deutsche Staatsbürgerschaft verliehen. Nun habe ich zwei. Das erleichtert mir zwar den einen oder anderen Gang zum Amt, gibt mir aber kein Zugehörigkeitsgefühl. 

Zielsetzung

Wo ist also meine Heimat und wer bin ich? Ich spüre, dass ich mich immer mehr von der auf Nationalität und geografische Zuordnung gerichteten Selbstbetrachtung loslöse. Das muss ich auch tun, wenn ich die Frage nach meiner Identität beantworten möchte.

 

Das Projekt ist also ein Versuch, meine Suche nach eigenen Identität(en) in Bildern zu dokumentieren, mir selbst zu verbildlichen, woher ich komme, wer ich bin, warum ich so bin, wie ich bin, und wie ich von anderen wahrgenommen werde. Was ist in mir noch vom Nationalen übrig geblieben und welche Rolle spielt die Staatsbürgerschaft überhaupt noch für mein Selbstverständnis?

Zukunftswunsch und eine Einladung zum mitmachen

Es soll aber möglichst nicht nur ein Projekt über mich selbst werden. Ich suche nach Menschen mit oder ohne  Migrationshintergrund, die Lust haben, sich mit ähnlichen Fragen auseinanderzusetzen und ihre eigene Geschichte in Bildern festzuhalten, die vielleicht selbst noch auf der Suche nach ihrer eigenen Identität sind - und dabei ähnliche oder eben ganz andere Erfahrungen gemacht haben als ich.

 

Wenn Du dich von dem Projekt angesprochen fühlst, so lade ich Dich gerne zum Kaffee und einem Gespräch ein, und ich hoffe, dass ich am Ende der Begegnung endlich mal das Casablanca-Zitat anbringen kann: "Louis, ich glaube, das ist der Beginn einer wunderbaren Freundschaft." ;-)